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Die Infobörse für aktive Rockmusiker(innen)

Vocals  

 

Gerade in Anfängerbands fristet der Gesang ein Schattendasein, obwohl es doch in der Popmusik heute so ist, dass sie von Sängerinnen und Sängern dominiert wird. Die Gewichte haben sich etwas verschoben. In den 60ern und 70ern war das Gruppenimage der treibende Faktor, wobei es nicht ausgeschlossen war, dass Sängerpersönlichkeiten sich hervorhoben, denken wir an Mick Jagger bei den Rolling Stones oder Robert Plant mit seiner extremen Stimme bei Led Zeppelin. Lediglich wenige waren es damals, die als Solosänger auch etwas galten, etwa Joe Cocker oder Janis Joplin.

 

Das ist heute anders. Wenn Tina Turner auftritt, interessiert es kaum, wer im Hintergrund musiziert. Und auch Michael Jackson, Prince (darf wieder so genannt werden!) oder Bruce Springsteen sind Sänger und Programm zugleich. Bei unserem bundesdeutschen Popwunder Nena war es nicht anders, denn da hieß gleich die ganze Band so, weil allein das hübsche Girl das Zugpferd war.

 

Warum ist es dann so schwer, in jungen Amateurbands die Leute ans Singen zu bringen? In erster Linie ist daran sicher das mangelnde Selbstvertrauen schuld. Zu dieser Verunsicherung trägt auch ein Mangel an Übung bei. Die heutigen Popsongs sind anders strukturiert als früher. Oft zum Nachteil der Musikkultur, wie ich meine. Die überwiegende Rhythmusorientiertheit führt allgemein zu einem Verlust an Melodien. Die heutigen Hits sind vielfach nicht mehr nachsingbar, weil ihnen der hohe Wiedererkennungsfaktor fehlt. Also können Nachwuchssänger ihre Stimme gar nicht mehr durch Nachsingen schulen. Ein gediegener Satzgesang ist eigentlich völlig out. Ausnahmen bestätigen die Regel! Und beim so genannten Rap, der als subkuturelles Ventil im Ghetto amerikanischer Großstädte seine Berechtigung haben mag, reicht es schon zum Star, wenn man in einer Tour drauflosplappert. Alternativ kann man sich auch 100 Tage in einen Container sperren lassen und ist prompt CD-reif. Für engagierte RockmusikerInnen ist das kein Weg. Sie wollen mehr. Was also tun, um den Bandgesang zu fördern?

 

Früher war es also fast zwangsläufig so, dass man zum Gesang fand und dabei blieb, auch wenn man ein Instrument spielte. Heute ist das nicht mehr so selbstverständlich. Es geht auch bei jungen Bands eher der Trend in Richtung Spezialisierung. Ich meine aber, dass Gesang in einer Band auch dann möglich ist, wenn man keinen Solosänger findet. Falls doch, umso besser. Allerdings kann man nicht einfach hingehen und lossingen, es muss schon eine Vorbereitung stattfinden, einmal auf der psychologischen Ebene im Abbau von Hemmschwellen, zum anderen im physischen Bereich mit einer gewissen Stimmschulung.

 

Damit meine ich nicht irgendeine Ausbildung zum Opernsänger. Im Gegenteil: Die klassische Ausbildung kann möglicherweise - je nach dem, an welchen Lehrer man gerät - das Gegenteil bewirken, dass man nämlich für das Ursprüngliche, Improvisatorische, den Blues in der Stimme für alle Zeiten verloren ist. Schulung bedeutet für mich:

  • Viele andere Sänger und Ihren Stil anhören und studieren!

  • Nachsingen, aber nicht imitieren, die eigene Stimme finden!

  • In ständigem Training bleiben, damit die Stimme Kraft bekommt!


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Übung   top

 

Als Anfänger der Sangeskunst hat man es zunächst recht schwer. Während der Gitarrist sich als Anfänger hinter dem heißen Sound seines Powerturmes verstecken kann, hat der (die) Sänger(in) nichts außer der eigenen Stimme und dem Mikrofon. Üblicherweise ist in jungen Bands auch die Gesangsübertragung recht dünn.

 

Niemand mit Sangesambitionen sollte sich davon entmutigen lassen. In jungen Bands hilft es zum Beispiel sehr, wenn mehrere sich zu einer kleinen Gesangsgruppe zusammentun, wobei man später noch den Vorteil hat, dass man sich mit Solo und Chorgesang abwechseln kann.

 

Es sollte in einer Band auch klar sein, dass - ebenso wie die Musiker - auch Sänger das Recht haben, ihr "Instrument" zu testen und Missgriffe zu tun. Schief singen ist also der Normalfall beim Üben. Das geht auch berühmten Stars so. Wer einmal bei einer Plattenaufnahme nur den Gesang eines Stars ohne die Instrumente und die Studiotechnik gehört hat, weiß, wovon ich rede.

Und überhaupt: Was heißt eigentlich gut singen? Wer ist ein "guter" Sänger? Also ist nach dieser Definition jeder Opernsänger besser als Joe Cocker? Ich glaube, das wäre zu einfach. Ein solcher Vergleich ist einfach nicht möglich, weil er subjektiv auf dem persönlichen Musikempfinden aufbaut.

 

Wenn man es genau nimmt, hat ja gerade Joe Cocker - um ihn einmal herauszugreifen - gar keine Stimme. Aber das ist es ja eben. Seine "Unstimme" zeichnet ihn aus und macht ihn unverwechselbar. Hinzu kommt sein ganz persönlicher Ausdruck, seine Art der Phrasierung, der Textbetonung oder des Verschluckens. Ich möchte meinen, ein guter Sänger (eine gute Sängerin) ist der (die), den (die) man unter Tausenden heraushört. Stimme als Markenzeichen!

 

So muss es auch das Ziel jedes Anfängers sein, seinen eigenen unverwechselbaren Ausdruck zu finden. Das ist ein langer Weg und gelingt nicht jedem. Viele bleiben immer im Stadium des Kopierens stehen. Aber der Versuch muss sein.

 

Das reine Trainieren der Stimme funktioniert nicht anders als das Muskeltraining. Viel singen ist angesagt. Beachte aber, dass es sinnvoll ist, bei beginnenden Erkältungen besser nicht zu singen, da diese auch gern die Stimmbänder angreifen. Es könnte sonst zu einer langwierigen Kehlkopferkrankung kommen. Im Zweifel sofort zum HNO-Arzt. Ich habe selbst solche Warnungen mal in den Wind geschlagen und kurz vor einem Auftritt noch erkältet geübt. Am Tag des Auftritts dann war die Stimme weg, und der ganze Gig musste abgesagt werden.

 

Der (die) Sänger(in) sollte sich auch frühzeitig über seine Stimmlage im Klaren sein. Es ist wenig sinnvoll, in höchsten Tönen Heavy-Metall-Songs herausschreien zu wollen, wenn man sich dabei ungeheuer anstrengen muss, die Stimmbänder überstrapaziert werden und man den nächsten Song nur noch krächzen kann. Die richtige Stimmlage ist die, in der man ohne große Anstrengung das größte Stimmvolumen über einen längeren Zeitraum erreichen kann. Das muss man ausprobieren. Möglicherweise muss man seine Mitmusiker sogar zwingen, ein Stück in einer anderen Tonlage zu spielen. Nicht der Sänger passt seine Stimme der Tonart an, sondern der Song wird der Stimmlage des Sängers angepasst.

 

Es ist aber möglich, bei entsprechender Technik den eigenen Stimmumfang zu erweitern. Vielleicht hast du selbst schon gemerkt, dass man auf unterschiedliche Weise sein Stimmorgan bedienen kann. Im Normalfall singt man mit der so genannten Bruststimme. Wenn du mal eben ein langes AAAA singst und deine Hand auf die Brust hältst, merkst du dort ein Vibrieren. Die Bruststimme umfasst etwa 40% des Tonumfanges einer Stimme, also nur die tiefen Lagen.

 

Nun kann man aber auch als erwachsener Mann mit sehr tiefer Stimme eine fast knabenhafte hohe Stimme erzeugen, das ist die so genannte Kopfstimme. Dabei vibriert die Brust nicht mehr, man hat auch den Eindruck, als habe sich der Ton von der Brust in den Kopf verlagert. Am Anfang fällt das Singen mit Kopfstimme noch schwer, aber mit reichlich Training kann man damit durchaus normal singen. Man traut es ihr nicht zu, aber die Kopfstimme umfasst den gesamten Tonbereich einer Stimme. Hör dir die Songs der Beach Boys an, dort hörst du reichlich Kopfstimmen. In den 60er-Jahren gab es einige Sänger, die mit dieser Art zu singen Hits hatten, etwa Tiny Tim (Tiptoe Through The Tulips). Kopfstimmen sind im Übrigen gebräuchlich im Satzgesang.

 

Der Übergang von der Bruststimme in die Kopfstimme erfolgt sprunghaft in Form eines Kieksers. Auch dies haben Sänger erfolgreich kultiviert. Der Tonsprung ist jedoch vermeidbar. Versuche einmal, eine Tonleiter zu singen, indem du mit den tiefsten Tönen der Bruststimme beginnst und dann immer höher werdend nahtlos in die Kopfstimme zu gleiten versuchst: C D E F G A H C...

 

Mit ein wenig Übung gelingt dir das ohne den vorhin genannten Tonsprung. Finde nun heraus, wo ungefähr bei dir der Übergang liegt. Hier findet sich die so genannte Mittelstimme. Es ist ungeheuer schwer, sie auf Anhieb zu treffen, aber es lohnt sich, den Umgang mit der Mittelstimme zu üben, weil man dann in der Lage ist, auch höhere Stimmlagen zu singen, ohne direkt in die Kopfstimme überzugehen.

 

Diese Grundübungen kann man jederzeit im stillen Kämmerlein machen, sodass die Bandkollegen nicht unnötig genervt werden. Überhaupt muss jede(r) ernsthafte Sänger(in) zuallererst mit sich allein trainieren. Das Singen unter der Dusche ist also auch für dich ein Muss!

 


Hemmungen abbauen   top

 

Um die Möglichkeiten deiner Stimme anfangs überhaupt in den Griff zu bekommen, solltest du dir verschiedene CDs (bzw. Platten oder Kassetten) mit unterschiedlichen Stücken und Stilen besorgen sowie die Texte der Songs. Es gibt übrigens auch Tonträger, die nur die reinen Playbacks enthalten, also die Musik ohne den Gesang. Für Sänger ideal zum Üben.

 

Beim Mitsingen wirst du bald merken, wo deine Stärken und Schwächen liegen, auch, welche Stimmlage dich überfordert. Das Lied, das dir am besten liegt, sollte für dich die Grundlage der weiteren Übung werden.

 

Sicher hast du erst versucht, möglichst genau nachzusingen. Schau dir nun den Text genauer an und markiere dir mit unterschiedlichen Zeichen, wo der Sänger besonders betont, wo er weniger betont, wo er lauter oder leiser wird. Finde heraus, wie die Art des Vortrages mit dem Inhalt des Titels in Zusammenhang gebracht wurde.

 

Als Beispiel sei hier der Song With A Little Help From My Friends von den Beatles genannt. Durch den Wechselgesang zwischen Ringo und den anderen wird der Liedinhalt umgesetzt. Ganz anders die berühmte Cover-Version von Joe Cocker: Er hat ein völlig neues, im Tempo langsameres Lied daraus gemacht. Sein Vortrag gleicht eher einem Notschrei nach der Hilfe eines Freundes. Joe Cocker hat sozusagen sein Innerstes nach außen gestülpt.

 

Wenn du jetzt das von dir gewählte Lied noch einmal vornimmst, wird dir vielleicht auffallen, dass du - nachdem du den Inhalt genau kennst - ganz anders empfindest und es auf eine andere Weise vortragen könntest. Versuche es! Versuche deine ganz persönlichen Empfindungen und Gefühle einzubauen. Denke nicht: "Ich singe jetzt ein Lied", sondern "Ich berichte mit diesem Song über meine Gefühle".

 

Damit haben wir einen weiteren wichtigen Punkt für das Sängerdasein erreicht: Du musst bereit sein, aus dir herauszugehen, in deinem Gesang aufzugehen, deine Hemmungen über Bord zu werfen. Das sagt sich so einfach! Aber es ist die richtige Philosophie fürs Singen. Wer pausenlos darüber nachdenkt, ob er nun gut, gerade oder schön singt, wird absolut gequält und künstlich wirken. Ein Sänger, der in seinem Song lebt, wirkt dagegen glaubwürdig auf die Zuhörer. Ihm nimmt man auch nicht ganz so gerade Töne ab, weil sie ehrlich sind.

 

Enthemmung kann man ebenfalls üben. Durch lautes Heraussingen zum Beispiel. Auf der Platte A Hard Day's Night von den Beatles finden wir auf der B-Seite ein schönes Übungsbeispiel mit dem Song "When I Get Home". Da beginnt der Gesang gleich mit der Vokalartistik der Liverpooler Art: WHOUO-AHH, WHOUO-AAH. Sing das mal richtig losgelöst von allem Weltlichen nach. Und anschließend gleich ähnliche Vokalmuster wie man sie bei den Beatles oft findet: OUOU-EI-JEI-JEI-JEI. Und noch mal, vorher tief Luft holen!

 

Und jetzt stell dir vor, 2000 Leute hören dir zu! Dann ist es vorbei mit der Hemmungslosigkeit? Eigentlich nicht, denn wenn du einmal tatsächlich vor einem großen Publikum stehen solltest, wirst du es gar nicht mehr bemerken, weil du dich nur auf dich und deinen Song konzentrierst. Glaube mir: Es ist schwerer, vor 20 Menschen eine Rede zu halten, als vor 2000 zu singen. Also weiter Luft holen und üben!

 


Atmung   top

 

Wer kennt es nicht: Erst mal tief durchatmen, zum Beispiel, wenn man sich sehr aufgeregt hat und kurz vor dem Platzen ist. Oder wenn man eine schwierige Sache gerade hinter sich gebracht hat. Durchatmen bedeutet Befreiung.

 

So ist es auch beim Singen. Die richtige Atmung macht den Sänger frei. Atmen bedeutet Energie tanken, aufladen. Das Zentrum der Atemsteuerung ist das Zwerchfell. Es trennt den Bauchraum von den Lungen. Je entspannter das Zwerchfell, desto lockerer also die Atmung. Lege dich mal entspannt auf den Rücken und atme tief und ruhig verschiedene Male ein. Du wirst herausfinden, wie dabei Bauchmuskeln und Zwerchfell in unterschiedlicher Weise eingesetzt werden. Selbst das Einatmen durch Nase oder Mund bewirkt eine unterschiedliche Aktivierung der Kräfte. Die Lungen füllen sich umso mehr, je mehr das Zwerchfell die Baucheingeweide verdrängen kann, d.h. die Bauchmuskeln dürfen dem nicht durch Anspannung entgegenwirken.

 

Wir unterscheiden hier zwischen Arbeitsatmung und Tiefatmung. Bei der Arbeitsatmung atmet man durch den Mund, um schnell viel Luft zur Verfügung zu haben. Man hat dabei eher das Gefühl, dass der Brustkorb sich füllt. Bei der Tiefatmung atmet man sehr bewusst durch die Nase ein und merkt, dass sich wohl auch der Bauch mit Luft füllt, was aber nur der Arbeitsweise des Zwerchfells (s.o.) entspricht.

 

Diese Tiefatmung ist die eigentlich entspannende, die neue Energie bringt. Für den Sänger bedeutet das, dass selbst auf die Kleidung zu achten ist. Wenn du deine engste Jeans an- und auch noch ordentlich den Gürtel zuziehst, dann wirst du Tiefatmung nicht erleben können, weil dein Zwerchfell nicht arbeiten kann.

 

Du kannst also davon ausgehen, dass ein Sänger regelrechte Atemübungen machen muss. Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass schwangere Frauen sich mit einer speziellen Atemtechnik auf die Geburt ihres Kindes vorbereiten können. Sie lernen dabei, gezielt und bewusst den Körper zu spannen und zu entspannen. Nicht anders geht der Sänger vor. Nach der Anspannung des herausgesungenen Textes muss entspannt werden, neu aufgeladen werden.

 

Beim Singen eines Liedes kannst du feststellen, dass die Vokale besonders viel Luft brauchen, dass Steigerungen viel Luft verschlingen, dass bei besonders emotionalen Stellen viel Anspannung entsteht. All das musst du sofort wieder ausgleichen können. Du musst herausfinden, welche Stellen in einem Wort sich zum Luftholen eignen, wo du besonders viel Luft verbrauchst usw. Am Anfang sollte man sich diese Vorgänge einmal ganz bewusst klar machen, später - mit mehr Routine läuft das alles automatisch ab, ohne dass man lange darüber nachdenken muss.

 

Sicher hängen auch Lautstärke und Treffsicherheit der Tonhöhe von der richtigen Atemtechnik ab. Logisch: Wenn kein großer Hohlraum da ist (also eine mit Luft prall gefüllte Brust), dann kann der Ton kein Volumen entwickeln, es wird sehr gepresst klingen.

 

Töne richtig treffen kann man auch nur, wenn einem genügend Dampf zur Verfügung steht. Es ist nicht leicht, eine bestimmte Tonhöhe eines voll gesungenen Tones sofort bei der Eins des Begleitakkordes zu finden. Viele Sänger bedienen sich dabei eines Tricks. Sie singen den Ton ein wenig verzögert erst, nachdem der Akkord schon erklungen ist. Das kann man zum Stilmittel machen, aber das andere sollte man auch können. Also experimentiere oft mit deiner Atmung!

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